Wort für den Tag - 28. Dezember
Die Weihnachtsgeschichte nach Lukas endet damit, dass die Hirten weitererzählen, was sie gehört und gesehen hatten und damit einiges Erstaunen hervorrufen. Deshalb erscheint es mir sehr angemessen, wenn auch wir uns davon erzählen: Wie war das Weihnachtfest für Sie anno 2020, im Jahr des Herrn und der Pandemie?
Ganz anders als sonst? Oder doch wie Weihnachten? Oder beides?
Für mich gilt beides: Äußerlich war sehr vieles anders. Aber auf einer tieferen persönlichen Ebene war es auch wie alle Jahre wieder: Weihnachten berührt mich wie kein anderes Fest. Ich weiß auch warum: Weil die Weihnachtsbotschaft wie keine andere Geschichte von klein auf in mein persönliches Leben und Erleben eingezogen ist. Ja, eingezogen wie ein guter, freundlicher und einfühlsamer Mitbewohner im Haus meines Lebens.
Dieser Mitbewohner singt mit mir die wunderbaren und altvertrauten Lieder von der fröhlichen, seligen und gnadenbringenden Weihnachtszeit. Er ließ mich auch in diesem Jahr in unserem Wohnzimmer einen Adventsstern aufhängen, einen Lichterbogen mit den Figuren aus den biblischen Weihnachtgsgeschichten aufstellen und am Heiligabend einen Weihnachtsbaum mit Kerzen, Strohsternen und silbernen Tannenzapfen schmücken. Dieser Mitbewohner bringt weihnachtliche Düfte ins Haus und schickte mir liebevolle Grüße und Geschenke.
Er berührt alle meine Sinne. Und wenn ich manchmal etwas skeptisch bin, weil nicht alles so ist, wie es sein sollte, dann lächelt er mich an und sagt zu mir nur:
“Schau!“
Oder: „Hör doch!“
Und auch „Probier mal!“
Und immer wieder: „Komm!“.
Und ich hüte mich sehr, dann abzuwinken und zu sagen: „Jaja, ich weiß schon, aber jetzt habe ich anderes im Kopf.“
Nein, ich bin sogar ein wenig süchtig danach, dass dieser Mitbewohner so zu mir kommt und mich anspricht. Eben weil es mich berührt und - fast möchte ich sagen: verzaubert. Was ich damit meine? Es mag komisch klingen, aber ich glaube und spüre, dass Weihnachten mich zu einem besseren Menschen macht!
Für jemanden, der oder die grundsätzlich alles skeptisch auseinandernimmt, klingt das wahrscheinlich sehr naiv.
Und für jemanden, die oder der, zuallererst nach dem Charakter und der Leistung eines Menschen fragt, mag das vielleicht überheblich klingen.
Trotzdem: Ich glaube und spüre, dass Weihnachten mich zu einem besseren Menschen macht!
Und das ist nichts, worauf ich stolz sein könnte. Aber etwas, wofür ich sehr dankbar bin. Ich bin dankbar dafür, dass die Weihnachtsbotschaft mein Herz öffnet. Dass mit ihr viel Wärme und Liebe in mich einzieht und mich zu guten Gedanken, Worten und Werken bewegt.
Ob das von Dauer ist? Oder ist es nur so ein Hochgefühl während der Fest- und Feiertage, das sich schon bald in Luft auflöst und verflüchtigt - ganz im Gegensatz zu dem Coronavirus, das auf dem Luftweg in uns einzudringen und uns von innen her zu zerstören droht?
Damit ist die wohl entscheidende Frage nach der Realität und der Wahrheit und der bleibenden Bedeutung von Weihnachten heute gestellt. Was kann ich darauf antworten?
Eine ehrliche Antwort eröffnet mir zugleich auch einen tieferen Zugang zum Wesen des christlichen Glaubens:
Mein weihnachtliches Hochgefühl ist nicht von Dauer. Und auch mein Glaube ist keineswegs von allen Zweifeln und Erschütterungen frei. Aber zum Glück ist da dieser Mitbewohner, den ich jetzt Gott nenne.
Er kommt auch auf dem Luftweg – oder genauer: auf dem Geistweg – und will, wie Jesus einmal sagte, Wohnung bei mir nehmen. Um mich zu einem besseren Menschen zu machen. Das schafft nur er - immer wieder neu - durch seine Worte und Geschichten. Und auch er fängt dabei ganz klein an: Es beginnt damit, dass er mich zu Weihnachten mit Kinderaugen anlächelt und ich – wie verzaubert – zurücklächle.
Ich bin sehr dankbar für diesen Mitbewohner und wünsche Ihnen, dass auch Sie ihn bei sich haben.
Ihr Heinz Schneemann